Kochbuchübersetzungen: Wie gehe ich mit Fehlern im Ausgangstext um?

Ich hatte eine lange Pause, aber gerade habe ich endlich mal wieder eine Kochbuch-Übersetzung auf dem Tisch. (Ich wähnte mich beinahe schon auf Entzug …)

Und finde darin wieder so schöne Beispiele für all das, worauf es bei diesem „Genre“ ankommt. Auf Konsistenz zum Beispiel – und damit meine ich nicht die der zubereiteten Speisen. Und auf Übereinstimmung zwischen Text und Bild …

Kochbuchübersetzer als Fehlerspürhunde

Fehlerspürhunde müssen Kochbuchübersetzer:innen also sein. Was aber wahrscheinlich für Übersetzer:innen generell gilt, um inhaltliche Fehler aufzuspüren. Bei meinem aktuellen Projekt fällt mir aber mal wieder auf, wie häufig im Kochbuch korrigierende Eingriffe nötig sind.

EinBeispiel gefällig?

In meinem Buch wird jedes Rezepte-Kapitel mit einem kurzen Inhaltsverzeichnis eingeleitet. Und dort steht: „Svamppastej med timjan‟, also: „Pilzaufstrich mit Thyiam‟. Klingt lecker, denke ich dabei noch.

Auszug Inhaltsverzeichnis Thymian

Ein paar Seiten später dann der Rezepttitel: „Svamppastej med persilja“. Man muss kein Schwedisch können, um zu sehen, dass hier etwas nicht stimmt. Richtig, plötzlich wird der Aufstrich also mit Petersilie zubereitet! (Und damit wird das Rezept für mich gleich weniger attraktiv, denn Petersilie ist nicht so sehr mein Fall.)

Textauszug Rezept Petersilie

Ein offensichtlicher Fehler im Original, den ich ausbügeln muss. In diesem Fall ist die Entscheidung leicht: In der Zutatenliste ist Petersilie aufgeführt, und das Foto zeigt auch sehr deutlich, dass der Thymian es nicht ins Gerichtgeschafft hat.

Fehler finden – und lösen

Nicht immer ist die Sache aber so einfach: Da fehlen auch schon mal Zutaten in der Auflistung, oder es werden welche aufgeführt, in der Zubereitung dann aber nicht verarbeitet. In den meisten Fällen kann ich selbst eine Lösung finden, aber manchmal braucht es dann doch die Rücksprache mit der Autorin/dem Autor, um mich zu vergewissern, dass ich den Fehler auf die richtige Art behebe. Aufpassen muss man vor allem bei Backrezepten. Da kann es schnell passieren, dass das Brot nicht mehr aufgeht, wenn man eigenmächtig im Rezept etwas ändert.

Damit sei auch gleich die Frage beantwortet, die der Titel meines Videokurses zum Übersetzen von Kochbüchern formuliert: Muss ich dafür kochen können? Ja, lautet die Antwort meiner Meinung nach. Nicht auf Profiniveau, aber man sollte ein grundlegendes Verständnis dafür haben, wie Zutaten miteinander kombiniert werden können, welche Zutaten wie verarbeitet werden usw. Nicht nur, um Fehler beheben und die Rezepte entsprechend korrigieren zu können. Sondern um die Fehler überhaupt erstmal zu entdecken. Und natürlich bringt eine gewisse Koch- und Kochbucherfahrung auch Kenntnisse der richtigen Terminologie mit sich, und die schaden ja beim Übersetzen nie.

Ist der Ausgangstext der letzte Stand?

Fehler wie der oben beschriebene sind natürlich schwere Schnitzer, und ich frage mich, ob das wirklich keinem aufgefallen ist. An solchen Stellen zeigt sich aber auch, dass man vielleicht gar nicht mit der letzten Version des Ausgangstextes arbeitet, sondern mit einer Datei, an der nachträglich noch etwas geändert wurde. Das kommt bei mir relativ häufig vor: Ich bekomme ein PDF, finde darin Fehler, dann werfe ich einen Blick ins gedruckte Buch, und Gott sei Dank: Der Fehler ist nicht mehr da; es hat also noch jemand vor dem Druck korrigierend eingegriffen. Deshalb lasse ich mir – obwohl ich nur noch mit PDF-Dateien oder direkt in InDesign oder InCopy arbeite – immer auch das Buch schicken. An solchen Stellen kann ich schauen, ob für den Fehler schon eine Lösung gefunden wurde.

Hier im Sommerbüro in Schweden habe ich das gedruckte Buch leider gerade nicht zur Hand; daher muss der letzte Check warten, bis ich wieder daheim bin.

Hier noch ein Beispiel für eine Stelle, an der offenbar jemand eingegriffen hat, die Änderung aber nicht konsequent durchgezogen hat:

Der Begleittext zum Rezept erklärt, was Ras el hanout ist. Die Gewürzmischung kommt aber gar nicht in den Zutaten vor, stattdessen wird Harissa verwendet.

Hier hat also jemand nachträglich das Rezept geändert, die Änderung aber nicht konsequent umgesetzt. Da werde ich zunächst einen Blick ins gedruckte Buch werfen und sehen, ob das PDF wirklich den letzten Stand wiedergibt. Sonst muss ich den Begleittext umformulieren.

 

Welche weiteren Schwierigkeiten dieses Sachbuch-Genre noch so mit sich bringt und wie man ihnen begegnet, erzähle ich ausführlich im Videokurs. Außerdem sage ich ein paar Worte zum Markt und zur Spezialisierung als Kochbuchübersetzer.

Ein paar Aspekte werde ich aber auch hier im Blog immer mal wieder aufgreifen. Wenn mir meine tägliche Arbeit mal wieder so schöne Beispiele liefert wie bei meinem aktuellen Projekt …

 

P.S.: Den Videokurs gibt es zum Download bei Academia Webinars – und Mitglieder des BDÜ, ADÜ und DVÜD erhalten 10 % Rabatt.

 

Image by Steve Buissinne from Pixabay

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