Goldene Regeln für kulinarische Übersetzungen, Nr. 2: Hüte dich vor falschen Zutatenfreunden
Meines erstes Kochbuch habe ich 2009 übersetzt. Seither sind 34 weitere dazugekommen. Und seit 2018 gebe ich auch Webinare zum Thema Kochbücher übersetzen. „Was ist das Besondere an dieser Arbeit?“, werde ich oft gefragt. Höchste Zeit, die wichtigsten Aspekte einmal hier festzuhalten. In loser Reihenfolge will ich ein paar Dinge erläutern, auf die es beim Übersetzen von Kochbüchern ankommt.
Goldene Regel Nr. 2: Nicht immer ist dein erster Einfall auch der richtige
Was falsche Freunde sind, muss ich meinen übersetzenden Kolleg:innen nicht erklären. Wir alle sind sicher schon mal in die Falle getappt, vom Klang des Wortes auf dessen Bedeutung zu schließen – und danebenzuliegen.
Auch beim Übersetzen von Kochbüchern ist man davor nicht gefeit. Und ich meine nicht die Klassiker, die Sprachlernenden zu schaffen machen: bär sind Beeren und keine Bären, korv ist Wurst und kein Korb. Diese Hürden sollten wir hinter uns gelassen haben, wenn wir Bücher übersetzen möchten.
Aber es gibt auch falsche Freunde, die selbst routinierte Übersetzer:innen in einem unachtsamen Moment kalt erwischen. Allzu schnell wird aus der englischen double cream im Deutschen eine Créme double, wo eine einfache Schlagsahne gereicht hätte. Oder man gießt Öl in den Topf, obwohl Bier (öl/øl) gefragt war.
Schwedisch sparris, Norwegisch/Dänisch asparges ist natürlich Spargel, die Wortverwandtschaft ist ja offensichtlich! Allerdings sind im skandinavischen Sprachraum (und im englischen) fast immer die grünen Stangen damit gemeint, während wir hierzulande eher die weißen im Kopf haben, wenn wir Spargel lesen.
Na, wer ist diesen falschen Freunden schon mal auf den Leim gegangen?
Wie schon bei der goldenen Regel Nr. 1 heißt es also auch hier: aufmerksam bleiben und spätestens beim Korrekturdurchlauf besonders auf solche Dinge achten. Es hilft auch, sich eine Liste mit typischen falschen Freunden anzulegen und diese am Ende über die Suchfunktion gezielt zu überprüfen.
Übrigens: Wer vom Verlag mit Layout-Dateien (InDesign oder InCopy) ausgestattet wird, kann diese auch mithilfe eines CAT-Tools übersetzen. Das ist nicht nur enorm hilfreich, um sicherzustellen, dass man alle Mengenangaben richtig übernimmt. Mithilfe von im Tool eingebundenen Terminologiedatenbanken lässt sich die Gefahr von falschen Freunden erheblich verringern, wenn man die Begriffe dort mit ihrer korrekten Übersetzung ablegt.
Kennst du auch falsche Freunde aus dem kulinarischen Bereich? Für meine Webinare freue ich mich immer über neue Beispiele.
* Bild erstellt mit Bing CoPilot
In England kennt auch keiner den weißen Spargel. Ein weiterer falscher Freund ist Paprika. Wenn das Gemüse gemeint wird, heißt es in UK English pepper. Wenn das Pulver gemeint wird, paprika, mit der Betonung auf der 2. Silbe. Es gibt etliche Beispiele. Was ihr hier unter Eiskaffee versteht, ist für uns ein frappé. Iced coffee ist einfach kalter Kaffee mit Eiswürfeln und etwas Milch. Kochbücher sind einfach zu übersetzen? Von wegen!