Blogparade – Die Last mit den erklärungsbedürftigen Berufen

Wie viele von uns in der schreibenden Zunft, die schwerpunktmäßig im und mit dem Internet arbeiten, stößt Kollegin Wibke Ladwig  von der Sinn und Verstand Kommunikationswerkstatt immer wieder auf Erklärungsnot, wenn sie nach ihrem Beruf gefragt wird. Kommunikationsberaterin. Aha. Klingt nach viel, aber Menschen, die nicht in der Branche arbeiten, können sich meist wenig darunter vorstellen. Ist ja nicht so eindeutig wie: „Ich bin Kinderärztin.“ Und weil es nicht so ihr so geht, sondern vielen Kollegen genauso, hat sie zur Blogparade aufgerufen zum Thema

Und was machen Sie so beruflich?

Zu Beginn meiner Selbstständigkeit lag mein Schwerpunkt auf dem Lektorat. Auf die Frage: „Was machen Sie so beruflich?“ habe ich also geantwortet: „Ich bin Lektorin.“ – – – (1 Strich entspricht in etwa 10 Sekunden Schweigen.) Dann, nach einer ganzen Weile antworten immerhin einige: „Ach so, Sie korrigieren Rechtschreibung?“ Ja, das auch.

Inzwischen ist es mir zu mühselig zu erklären, was meine Arbeit als Lektorin ausmacht. Da mein Schwerpunkt sich ohnehin verlagert hat hin zu den Übersetzungen, antworte ich also jetzt auf die Frage nach meinem Beruf: „Ich bin Übersetzerin.“ Das ist eindeutiger. Das Schweigen ist nicht ganz so lang.

Doch auch wenn das Berufsbild an sich nicht erklärungsbedürftig scheint, zeigt sich, dass das Verständnis dieses Berufs ebenfalls von Missverständnissen geprägt ist.

Missverständnis 1: Übersetzer = Dolmetscher.

Ich begegne oft der Reaktion: „Sie übersetzen also bei Konferenzen?“ Nein. Ich bin Übersetzerin, keine Dolmetscherin. Übersetzer übertragen Text schriftlich aus der einen Sprache in die andere. Dolmetscher übertragen gesprochenen Text mündlich in eine andere Sprache, Mit Dolmetschen habe ich nichts zu tun. Das kann ich auch gar nicht, habe ich nie versucht, und ich habe einen Heidenrespekt vor den Kollegen, die das können.

Missverständnis B: Übersetzer übersetzen Bücher. Sonst nichts.

„Sie übersetzen sicher Bücher, oder? Ein toller Beruf, und sicher gut bezahlt.“ Äh, ja und nein. Ja, es ist ein toller Beruf, aber mies bezahlt. Wenn ich versuche, die Arbeitsbedingungen von Literaturübersetzern zu erklären, ernte ich in der Regel Blicke, die sagen: „Na, stell Dich nicht so an, so schlimm wird es schon nicht sein, und immerhin steht Dein Name hinterher im Buch.“ Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen.

Missverständnis C:

Technische Übersetzungen = Bedienungsanleitungen = unverständliches Kauderwelsch. Sicher, auch ich habe schon viele vermurkste Bedienungsanleitungen gesehen, aber bitte, Leute, habt doch ein wenig mehr Fantasie. Technische Übersetzungen sind weit mehr als das – erst kürzlich habe ich hier einen Artikel dazu verfasst. Darüber hinaus gibt es noch jede Menge andere Bereiche im Gebiet Fachübersetzungen, von Medizin über Wirtschaft bis hin zu Jura. Dennoch, es stimmt, Bedienungsanleitungen sind leider oft gruselig übersetzt, teilweise ist es schon wirklich spaßig, sie zu lesen (wenn man nicht vorhat, sie zu befolgen). Solche Übersetzungen gibt es aber (leider) in allen Bereichen, bei Fachtexten und auch bei Büchern (Sachbuch und Belletristik). Bei Fachübersetzungen liegt es oft daran, dass entweder keine muttersprachlichen Kollegen am Werk waren, das merkt man dann meist am fehlerhaften Satzbau, falschen Grammatikendungen oder der fehlerhaften Verwendung von Vokabeln, oder daran, dass die Kollegen sich in dem Fachgebiet schlicht nicht auskannten. Die Übersetzung ist dann vielleicht lesbar, aber nicht viel verständlicher, weil Fachtermini nicht richtig erfasst wurden etc. All das ist in der Regel die Konsequenz einer Keine-Zeit-und-kein-Geld-Mentalität des Auftraggebers: Gute, muttersprachliche und im Fachgebiet versierte Übersetzer sind eben oft nicht billig und nicht immer von heute auf morgen verfügbar.
Dennoch: Nicht jeder technische Übersetzer übersetzt Bedienungsanleitungen, und die meisten Kollegen verstehen durchaus etwas von ihrem Handwerk.

Sicher ist mein Beruf nicht so schwer zu erklären wie viele der sogenannten „neuen Berufe“, wie z.B. Social Media Berater, Kommunikationsdesigner oder Trendscout. Die Blogparade „Und was machen Sie so beruflich?“ ist eine grandiose Idee, und ich bin sehr auf die Ergebnisse gespannt. Die Blogparade läuft noch bis zum 31. März 2013.
Bild von Anne Karakash auf Pixabay

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